Naturschutz und Steinbruch

NATURSCHUTZ UND STEINBRUCH

Steinbrüche gibt es in unserer Region viele. Neben den aktiven Anlagen, sind es insbesondere die ehemaligen, stillgelegten Steinbrüche, die für den Naturschutz eine Rolle spielen. Stillgelegte Steinbrüche haben sich oftmals zu attraktiven Biotopen für die heimische Tier- aber auch Pflanzenwelt entwickelt. Dabei sind gar nicht alle dieser ehemaligen Steinbrüche aktiv renaturiert worden. Nicht wenige Anlagen wurden auch einfach sich selbst überlassen. Gerade Reptilien und Amphibien profitieren von den verwaisten Abbaustätten. Auch aktive Steinbrüche können bereits Naturräume bilden, allerdings weit weniger, als wünschenswert wäre. Pionierarten wie die Kreuzkröte haben aber durchaus Chancen.

Ist denn nun alles gut?
Ist der Steinbruch ein Gewinn für den Naturschutz?
Jein.

Ganz so einfach ist es nicht.
Die Vorteile sind schnell erkannt, aber es gibt auch Nachteile und Einschränkungen. Grundsätzlich, und das gilt für alle Steinbrüche, gilt es zu bemessen, welcher Lebensraum dem Abbau zum Opfer fällt. Denn seltene Arten wie Reptilien zu fördern ist zwar gut, die Arten des ursprünglichen Lebensraumes werden dadurch aber nicht unterstützt.
Das Naturschutzgesetz sieht im Falle eines Eingriffes in die Natur – ein Steinbruch ist ein Eingriff – die Kompensation vor. Es geht also darum Ausgleichsmaßnahmen zu schaffen. Mit dem Wegfall einer Feldflur mit Heckenstruktur wird der Lebensraum für immer seltenere Arten vernichtet. Typische Arten des Feldes sind beispielsweise Rebhuhn, Feldlerche, Fasan, Feldhamster oder auch verschiedene Nager. Das Naturschutzgesetz sieht vor die Arten zu unterstützen, die tatsächlich des Lebensraums beraubt werden. Ein Tausch – beispielsweise Reptilien gegen Feldvögel – ist nicht vorgesehen. Auch wenn es klasse ist, seltene Reptilien zu unterstützen, muss man also vorrangig die Arten des Habitates Feld fördern. Das ist aber kein Ding der Unmöglichkeit sondern ist grundsätzlich machbar.

Es gibt aber noch einen weiteren Aspekt zu bedenken. Alte Steinbrüche genießen zu Recht einen
guten Ruf unter Naturschützern. Die meisten Brüche die in diese Kategorie fallen sind älter als 50 Jahre. Vor 50 und mehr Jahren erfreute man sich insgesamt eines größeren Artenreichtums. Es war nicht unüblich Ringelnattern anzutreffen, Wachteln zu beobachten oder dem Feldhamster zu begegnen. Ein in dieser üppigeren Natur stillgelegter Steinbruch wurde in der Regel eingezäunt.
Damit entstand automatisch ein Rückzugsort für die Arten, die in und um dieses Areal lebten. Im
Laufe der folgenden Jahrzehnte wechselte die umgebende Landwirtschaft eklatant. Arten die
üblicherweise auf Feld und Flur anzutreffen waren wurden selten. Die Steinbrüche als Naturinseln blieben indes und boten weiterhin Lebensraum. Diese Inseln fielen mit der Zeit auf – positiv!
Heute ist es nicht einfach die Steinbrüche zu besiedeln, da der umgebene Artenreichtum weit
weniger prall daherkommt. Wo nichts ist, kommt so ohne weiteres auch nichts hin. Es erfordert also aktive Maßnahmen. Es ist nicht unüblich, Tiere und Pflanzen anzusiedeln die von Menschenhand gezüchtet wurden. Auch Uhus werden beispielsweise so in den Lebensraum Steinbruch entlassen.
Es wird künftig weit schwieriger Steinbrüche zu Biotopen renaturieren zu können. Es ist aber nicht unmöglich. Das Bild, welches wir von stillgelegten Brüchen haben, spiegelt nicht wieder was Steinbrüche in Zukunft für die Natur bedeuten. Die Firma Schaefer Kalk bemüht sich derzeit sehr um die aktive Gestaltung des Bereichs `Ton´. Nur durch dieses aktive Eingreifen gelingt es diesen Bereich ein wertvolles Biotop zu schaffen. Diese Maßnahmen wurden durch die örtlichen
Naturschutzverbände initiiert – nicht durch die Bürgerinitiative Hengen e.V., die gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Wir finden die Arbeiten und Ideen, welche dort umgesetzt werden allerdings sehr gut und erfreuen uns an der auflebenden Natur. Dennoch möchten wir mahnen, die im Falle eines Neuaufschlusses von Hengen verdrängten Habitate der Feldarten ebenfalls auszugleichen.
Gerade diese Arten brauchen Schutz und Unterstützung.
Der Kernbereich von Hengen, welcher dem Steinbruch zum Opfer fallen würde, ist eine Dolinenlandschaft mit Kalkmagerrasen. Auch heute finden wir hier die üblichen Vertreter einer
solchen Umgebung. Gerade die Pflanzenwelt ist nahezu typisch. Um den Kernbereich herum wird Landwirtschaft mit wechselnder Fruchtfolge betrieben. Der Kernbereich wird durch die Beweidung von Schafen an einzelnen Tagen im Jahr und durch Mahd gepflegt. Ein Phänomen unserer Zeit ist leider die illegale Müllentsorgung. Diese prangern wir deutlich an. Der Firma Schaefer Kalk haben wir bereits vor längerer Zeit Unterstützung beim Beseitigen der Müllberge auf ihrem Grundstück angeboten. Noch ohne Rückmeldung. Der Müll ist allerdings kein Grund, ein an sich wertvolles Gebiet abzuwerten.
Fazit: Die Maßnahmen am Bereich Ton empfinden wir als positiv. Wir sprechen uns allerdings ausdrücklich für den Erhalt der einzigartigen Dolinenlandschaft mit Heckenstruktur und Kalkmagerrasen aus. Eine Kompensation muss die Arten berücksichtigen, die tatsächlich den Lebensraum verlieren.

Imke Sanders-Seidler